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Im zweiten Spiel bekam es die nominelle Nummer 1 Estlands, Mait Kunnap, mit Marko Tkalec zu tun. Der Slowene
kam mit einer beeindruckenden Einzelstatistik von 21:7 im Daviscup, so dass man auch hier eine klare Partie erwarten musste. Mait
Kunnap stand auf jeden Fall durch die Niederlage von Jürgen Zopp unter Druck - wollte man in dieser Begegnung eine
Chance haben, so musste auf jeden Fall nun der erste Sieg für Estland her.
Die ersten Spiele der Partie sind dann schnell erzählt: Sowohl Kunnap als auch Tkalec überzeugten vor allem, sogar nahezu ausschließlich,
durch starke Aufschläge. Zu Ballwechseln kam es selten, richtige "Rallies" waren über die gesamte Partie absolute Mangelware. Wenn sich einer der Spiele
mal im ersten Satz eine Blöße gab - so wie Tkalec im sechsten Spiel, in dem er einen Breakball abwehren musste oder wie Kunnap im siebten Spiel,
in dem er durch einen Doppelfehler 0-40 in Rückstand geriet, dann konnten sich die Aufschläger immer wieder durch eine Serie sicherer Aufschläge retten. Damit
wären dann auch gleich die einzigen beiden Spannungs-"Höhepunkte" des ersten Satzes vor dem Tie-Break erzählt, letztlich lebte das
Match von der Spannung, nicht von der Genialität oder den spielerischen Glanzpunkten. Im Tie-Break kassierte
dann Kunnap durch einen Doppelfehler, das erste Mini-Break, so dass Slowenien mit 4-2 in den Seitenwechsel ging - doch zwei absolut
erbärmliche Fehler von Tkalec brachten Estland wieder auf die Siegerstraße, Kunnap holte noch das Mini-Break zum 6-4 und konnte somit bei eigenem
Aufschlag den Satz einfahren. Tkalec riskierte alles, doch sein Volley war viel zu lang - allerdings auch irritiert durch die Zuschauer,
die zwar in der kleinen Halle sehr viel Stimmung machten, aber auch immer wieder ins Spiel riefen. Wie auch immer,
der erste Satz war mit 7:6(5) im estnischen Sack.
Nachdem der erste Satz relativ zäh und langwierig verlief, ist die Geschichte des zweiten Satzes recht schnell und knapp zu erzählen: nachdem es in den ersten
Spielen wieder nach einem reinen "servieren in den Tie-Break" aussah, machte Kunnap im sechsten Spiel bei eigenem Aufschlag gleich eine Reihe von Fehlern. Den Breakball
bei 30-40 erledigte er dann auch selber: Dank eines Doppelfehlers brauchte Tkalec nicht mehr eingreifen. Da Kunnap sich auch im achten Spiel durch einen Doppelfehler bei 30-30 in
Bedrängnis brachte und den Aufschlag verlor, schien nun Tkalec neben dem zweiten Satz auch die Kontrolle über das Match zu gewinnnen.
Doch wer nun dachte, der Favorit aus Slowenien würde die Sache nach Hause fahren, wurde bitter enttäuscht. Gleich im ersten Spiel
musste Tkalec über Einstand gehen, rettete dann aber sein Aufschlagspiel. Auch Kunnap wackelte zu Beginn kräftig, konnte aber mit mehr Glück
als Verstand ausgleichen. Auch im fünften Spiel agierte der Slowene nervös, beschwerte sich mehr über die teils zweifelhaften Calls der
Linienrichter anstatt sich auf sein Spiel zu konzentrieren und musste so bei 15-40 zwei Breakbälle und in Folge noch einen weiteren Breakball abwehren,
doch Kunnap schaffte es nicht, eine dieser Chancen zu nutzen. Auch in Folge gab es auf beiden Seiten noch Breakbälle, die aber nicht genutzt werden konnten - letztlich musste
erneut der Tie-Break entscheiden, der wenigstens spannungsmäßig zum Highlight des Tages werden sollte: zunächst sah alles "standesgemäß" aus, in den ersten zehn Punkten
konnte jeweils der Aufschläger den Punkt machen. Beim Stande von 5-5 war es also nun für Kunnap extrem wichtig, in Führung zu gehen und somit den ersten
Satzball für den Gegner zu verhindern - doch der Este scheiterte an seinen Nerven und kassierte durch einen Doppelfehler ein peinliches Mini-Break. Doch auch Tkalec machte es nicht besser,
vergab den Satzballl bei eigenem Aufschlag. Nun dominierten wieder die beiden Aufschläge, letztlich hatte keiner der beiden Akteure eine Chance,
bei gegnerischem Aufschlag einen der Satzbälle zu verwandeln. So blieb es bis zum Stand von 10-10, als Tkalec bei eigenem Aufschlag ans Netz ging und einen Rückhand-Volley verzog. Kunnap nutzte diese erste
Chance, bei eigenem Aufschlag den Satz klarzumachen - ein zu langer Return des Gegners bedeutete den wertvollen 12-10-Sieg im Tie-Break.
Die ersten vier Spiele des vierten Satzes verliefen zwar nervöser und weniger souverän für den Aufschläger, als dies zumeist davor der Fall war - vor allem
die slowenische Mannschaft haderte immer wieder mit den Unparteiischen - doch schließlich konnten sich die Aufschläger bis zum 2:2 relativ ungefährdet
durchsetzen. Neben dem Scoreboard, was nun immer wieder eine (dazu noch falsche) Zeit anzeigte statt dem Spielstand, hatte nun auch Kunnap einen Aussetzer: 15-40 stand es gegen
den Aufschlag des Esten - doch wieder war sein eigener Aufschlag zu stark, um Tkalec eine wirkliche Chance zu lassen. Dafür sah sich nun Tkalec einem 0-40 bei eigenem Aufschlag gegenüber -
doch nachdem er die ersten beiden Breakbälle mit Assen abwehrte, konnte Kunnap den dritten Breakball nutzen. Ein Break ist aber eben nur dann wertvoll, wenn man danach seinen
Aufschlag gewinnt - diese Tennis-Weisheit bestätigte sich auch wieder: Kunnap hatte das Match in der Tasche, schaffte aber das zweifelhafte Kunststück, mit drei Doppelfehlern
in Folge sich selber unter massiven Druck zu setzen. Auch beim vierten Punkt versagte der erste Aufschlag - und den zweiten Aufschlag, eine Sicherheitsgurke par excellence, konnte Tkalec problemlos
zum Re-Break nach Hause returnieren. Der Este steckte diese herbe Niederlage aber gut weg - und so kam es, wie es irgendwie kommen musste: auch dieser
Satz musste im Tie-Break entschieden werden. Hier profitierte Kunnap zum einen von ein paar knappen Schiedsrichterentscheidungen und vom Publikum, was sich
nicht immer in den Grenzen der Fairness bewegte (was auch Tkalec zu einem Ausraster gegen einen Linienrichter provozierte), doch der schwache Chair Umpire und sein
Team konnten hier nicht für Ordnung sorgen. Letztlich gab es bis zum 5-5 für beide Spieler je ein Mini-Break. Tkalec brauchte seinen zweiten Aufschlag, Kunnap riskierte
alles und spielte Chip and Charge - der Passierball des Slowenen landete im Aus. Ein sicherer Aufschlag des Esten brachte das 7-5 im Tie-Break und die Halle zum Kochen.
Letztlich gewann in einer engen, aber nicht hochklassigen Partie der Este, der in den entscheidenden Situationen die wichtigen Punkte machte und so zum 1:1 für sein Land ausglich.
Sehr sympathisch und fair äußerte sich übrigens Tkalec nach dem Match, der sich beim Publikum für seine Eskapaden gegen den Schiedsrichter entschuldigte.
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