Estland - Slowenien: Mait Kunnap - Grega Zemlja 3:6 2:6 6:3 7:6(2) 3:6

Tag 3 - und plötzlich standen die Gäste völlig unerwartet unter Druck. Im Duell der beiden Topspieler musste Grega Zemlja einfach den Sieg gegen Mait Kunnap erzwingen, um so im letzten Einzel noch eine Chance auf den Gesamtsieg zu wahren.
Schlechter hätte die Partie für die Esten nicht beginnen können: Kunnap schien völlig von der Rolle, schlug im zweiten Spiel zum ersten Mal auf und sah sich gleich einem 0-40 entgegen. Als ob das nicht schon genug der Probleme waren, beendete er dieses verkorste Spiel standesgemäß - mit einem Doppelfehler. Zemlja wirkte zu Beginn sehr konzentriert, musste aber direkt im anschließenden Spiel auch einen Breakball abwehren. Dieser war aber auch gleichzeitig der einzige Aufreger auf Seiten der Slowenen, während Kunnap im ersten Satz praktisch in jedem Aufschlagspiel in Bedrängnis kam. Letztlich war der Lokalmatador mit einem Break und einer 3:6-Satzniederlage sehr gut bedient, Zemlja war der deutlich bessere Spieler - negativ vielen auf beiden Seiten allerdings eine Vielzahl von Doppelfehlern auf.
Nachdem Kunnap im ersten Spiel des zweiten Satzes noch erstaunlich problemlos seinen Aufschlag nach Hause brachte, geriet er beim Stand von 1:1 erneut in die Bredouille: zwar führte der Este 30-15, machte dann aber einen Doppelfehler und versagte dann nach einem schwachen Schlag von Zemlja mit einem Rückhandschlag. Zwar konnte Zemlja diesen Breakball nicht verwandelt - der Ball blieb an der Netzkante hängen, doch direkt darauf folgte eine zweite Chance, die Zemlja mit einem schönen Passierschlag - Kunnap spielte im Wesentlichen auf dem Teppich der Tallinner Halle Serve & Volley - verwandelte. Erneut lag ein Break zwischen dem slowenischen Team und dem der Gastgeber. Kunnap wirkte nun desorientiert, konnte bei Zemljas Aufschlägen keine Gegenwehr aufbauen und verlor auch im fünften Spiel als Folge von drei Doppelfehlern erneut seinen Aufschlag. Erst beim Stand von 1:5 gab es ein souveränes Aufschlagspiel des Esten - doch da war es zu spät: im folgenden Spiel machte Zemlja letztlich hochverdient alles klar.
Auch wenn die Messe noch nicht gesungen war und der dritte Satz noch nicht gespielt, keiner in der Halle dachte mehr daran, dass Kunnap in diesem Match noch eine Chance erhalten würde - zu souverän agierte Sloweniens Nummer 1. Die Zuversicht stieg auch nicht mit dem ersten Spiel des dritten Satzes, als Kunnap erneut den eigenen Aufschlag nach Hause zitterte, fünfmal über Einstand gehen musste und einen Breakball abwehrte. Wie aus heiterem Himmel hatte dann aber Zemlja plötzlich enorme Probleme: beim Stand von 0-30 im zweiten Spiel folgte ein toller Return von Kunnap - drei Breakbälle für Estland. Der dritte bedeutete schließlich das 2:0 für die Gastgeber - und da Kunnap bei seinem nächsten Aufschlagspiel trotz 0-30 und eines Breakballs seinen Aufschlag halten konnte, schien doch noch etwas möglich zu sein. Kunnap spielte fortan deutlich selbstbewuster und besser, Zemlja agierte bei eigenem Aufschlag sehr solide. Kunnap hätte sich dann allerdings im siebten Spiel noch fast um den Lohn seiner Mühen gebracht - beim Stand von 4:2 musste der Este erneut nach zwei starken Returns des Gegners zwei Breakbälle abwehren. Auch im letztlich abschließenden neunten Spiel gab es wieder zwei Doppelfehler durch Kunnap, doch wie durch ein Wunder ging dieser Satz nach Estland.
Im Bezug auf den vierten Satz sprach Zemlja später vom "besten Tennis des Matches" - ich würde sogar "des ganzen Wochenendes" hinzufügen. Erneut wackelte Kunnap zu Beginn des Satzes, während Zemlja gewohnt sicher agierte, doch trotz mehrfacher Einstand-Situationen hielten Kunnaps. In den ersten elf Spielen des Satzes, nämlich beim ersten Aufschlagspiel von Kunnap, gab es nur einen Breakball, so dass letztlich der Balte beim Stand von 5:6 aus seiner Sicht aufschlug, um sich in den Tie-Break retten zu können. 0-15, 15-30, 30-40: Estland lag immer einen Punkt zurück, Slowenien hatte sogar Matchball. Doch Kunnap rettete sich aus dieser mißlichen Lage, wehrte einen erneuten Matchball mit einem Kick-Aufschlag beim zweiten Aufschlag ab und schlug letztlich sogar ein As, welches den Weg in den Tie-Break bereitete. Kunnap zeigte in diesem Satz immer wieder traumhafte Volleys - mit einem schönen Halbvolley begann er den Tie-Break gegen den Aufschlag von Zemlja, so dass gleich zu Beginn das erste Mini-Break für Estland zu Buche stand. Bald darauf folgte ein zweites durch einen starken Return von Kunnap, letztlich war der Tie-Break mit 7-2 eine ganz sichere Angelegenheit für den Mann, der - was man immer wieder betonen muss - ein vierstelliges ATP-Ranking hat.
Die Halle stand nun natürlich Kopf. Ein Spiel, was schon deutlich verloren schien, war plötzlich wieder völlig offen. Zemlja starrte während der dreiminütigen Pause völlig entnervt und versteinert auf der Bank - umso erstaunlicher war es dann, dass er diesen Schock schnell wegsteckte und nun wie Kunnap in den ersten Spielen bei eigenem Aufschlag nicht den Hauch einer Chance gönnte. So kann man die ersten sechs Spiele des Finalsatzes einfach mit "standesgemäß" abhaken. Schließlich kam es, wie es kommen musste: einem Spieler versagten die Nerven. In diesem Falle war es Mait Kunnap, der im siebten Spiel einen völligen Aussetzer hatte. Nicht nur bei 30-30, sondern auch im darauffolgenden Einstand leistete sich der Este völlig unnötige Doppelfehler, im zweiten Fall konnte Zemlja den Breakball verwandeln. Kunnap war nun geschlagen, letztlich musste er auch noch sein letztes Aufschlagspiel abgeben.
Es hätte eine denkwürdige Partie in Tallinn geben können - letztlich fehlte nur ein kleines bißchen Glück, um die Partie zu einer Sensation werden zu lassen. Grega Zemlja hielt mit einer beeindruckenden Nervenstärke im fünften Satz sein Land im Rennen, jetzt musste die Entscheidung im vierten Einzel fallen.