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Samstag in Hodmezovasarhely, der Tag des Doppels. Durch das neue Losverfahren der ITF steht es im Daviscup oft nach
dem Daviscup am ersten Tag 1:1, so dass dem Doppel eine vorentscheidende Beudeutung zukommt. Aber nach der
starken Leistung der Ungarn, vor allem dem überzeugenden Auftritt von Sebo Kiss gegen Karim Maamoun,
sollte das ungarische Doppel Bardoczky/Kisgyorgy in der Lage sein, das Duell bereits für sich zu entscheiden und in die
zweite Runde einzuziehen. Allerdings stand auf der anderen Seite das eingespielte Team der Maamoun-Brüder, das sicherlich auch nicht
kampflos wieder nach Hause fahren wollte.
Während die Sonne einen Hodmezovasarhely einen wunderschönen Frühlingstag schenkte und die Halle immer weiter
aufwärmte, betraten die Spieler etwa zwanzig Minuten zu spät den Court. Wie bereits am Vortag fiel mir negativ auf, dass
sämtliche Durchsagen und Vorstellungen (bis auf den Spielstand) nur auf ungarisch vorgenommen wurden - hier sollte die IFF die Regeln
ändern und entweder die Sprachen der beiden teilnehmenden Länder (auch wenn ich mit arabisch ähnlich wenig hätte anfangen können) oder die Sprache
des Gastgebers plus englisch verpflichtend machen. Doch nun zum Spiel: zu Beginn war lediglich der Aufschlag von Karim Maamoun wackelig -
im ersten Spiel musste er zweimal über Einstand gehen, im fünften Spiel führten die Ägypter dann zwar zunächst 40:30, doch dann folgten zwei Breakbälle,
von denen Badoczky den zweiten mit einem tollen Return verwandelte. Auch Mohamed Maamoun hatte im siebten Spiel Probleme mit seinem
Aufschlag, doch konnte letztlich das Spiel nach Hause wackeln. Die Ungarn zeigten auf der anderen Seite eine sehr sichere Leistung. So war es
auch umso erstaunlicher, dass Gergely Kisgyorgy im zehnten Spiel, als er beim Stand von 5-4 zum Satzgewinn aufschlug, plötzlich in
Probleme geriet. Das zwischenzeitliche 0:30 konnten die Ungarn ausgleichen, doch die Gäste machten den nächsten Punkt. Letztlich versemmelten
sie aber die Chance, den Satz wieder ausgeglichen zu gestalten. Stattdessen brachten die Magayren den ersten Satz mit 6-4 nach Hause. In einem sehr ausgeglichenen
ersten Satz muss vor allem Gergely Kisgyorgy herausgehoben werden, der eine starke Leistung zeigte.
Die ersten Spiele des zweiten Satzes verliefen allesamt knapp, die Aufschläger mussten jeweils enge Situationen
überstehen. Doch letztendlich wurde die Partie zwar noch kurzweiliger, aber Breaks fielen nicht. Gegen Ende des zweiten Satzes erlebte das Match -
und auch die gesamte Begegnung Ungarn - Ägypten ihren absoluten Höhepunkt - spannende Momente folgten Schlag auf Schlag:
zunächst musste Bardoczky bei eigenem Aufschlag (Stand 4-3 für Ägypten) zwei Breakbälle abwehren, dann stand Mohamed
Maamoun bei 30:30 unter Druck. Beide konnten aber jeweils dem Druck standhalten, so dass Kisgyorgy beim Stand von 4-5 aus
Sicht der Gastgeber aufschlug. Und plötzlich stand es 30:40 - Satzball für Ägypten. Im Fussball würde man von einem Elfmeter
sprechen - Mohamed Maamoun musste einen Volley nur noch ins Feld bringen ... aber er scheiterte. Mit Hängen und Würgen
brachten die Ungarn ihren Aufschlag durch. Letztlich endete der Satz im Tie-Break. Dieser ging hin und her,
auf ein "Mini-Break" der Ungarn folgte ein solches im achten Punkt durch Ägypten. Karim Maamoun schlug
beim Stand von 6:5 und damit beim ersten Satzball der Gastgeber auf - und auch hier gab es wieder einen "Elfmeter". Dieses Mal
war es Karim Maamoun vergönnt, den Schmetterball völlig unbedrängt hinter die Grundlinie zu semmeln und den Ungarn den zweiten Satz zu schenken.
Im dritten Satz begannen beide Doppel sicher, dann folgte eine unglaubliche Kisgyorgy-Show: im fünften Spiel lag er bei eigenem Aufschlag
15:40 zurück - doch er ließ vier krachende Aufschläge folgen - Spiel Ungarn! Die Gäste waren davon offenbar tief beeindruckt, denn sie verloren gleich
in Folge ihren Aufschlag und schienen fortan auf der sicheren Verliererstraße. So schlug Kizgyorgy zum Matchgewinn auf, doch durch zwei starke Punkte der Ägypter
und einen Doppelfehler gewährte das ungarische Team dem Gegner einen Breakball. Karim Maamoun ging beim Return volles Risiko und wurde belohnt. Break, nur noch 5-4 für die Ungarn,
jetzt musste er nur noch den Aufschlag nach Hause bringen und das Spiel wäre wieder ausgeglichen gewesen.
Der Berichterstatter spricht allerdings nicht ohne Grund im Konjunktiv, denn was nun folgte, war für die
ägyptische Chancenverwertung einfach symptomatisch: eine 30:0-Führung wurde stark von den Ungarn gekontert, ein Spielball bei 40:30 versemmelt. An sich war das Spiel
nach zwei Breakpunkten für Ungarn schon für die Ägypter gewonnen, Mohamed Maamoun musste lediglich einen ganz leichten Volley der Sorte
"den hätte meine Oma gemacht" irgendwo aus dem Feld schießen. Stattdessen haute er den hohen Ball direkt hinter das Netz, so dass dieser in hohem Bogen genau vor den Ungarn landete und
postwendend den Ägyptern um die Ohren gehauen wurde. Das Wort "Elfmeter" wurde in diesem Bericht schon so oft
überstrapaziert, dieser Elfmeter war ein Fünfmeter ohne Torwart. Achja, natürlich kassierten die Ägypter nun das Break und verloren so den dritten Satz und somit das Match.
Es war ein absolut spannender und packender Tennis-Nachmittag, an dem der Gast einfach viel zu viele Chancen ungenutzt ließ und
somit auch dieses Match verdient verlor. Sicherlich kann man nicht immer von hochklassigem Tennis sprechen, aber Spannung war
vom ersten bis zum letzten Punkt an diesem Tag in Hodmezovasarhely garantiert.
Da ich bereits am frühen Sonntagmorgen die Heimreise nach Deutschland antreten musste und das Doppel somit das letzte von mir besuchte Spiel war,
bleibt auch noch etwas Platz für ein Fazit: letztlich war es eine nette Begegnung, die allerdings mit den von mir besuchten Partien
Niederlande-Indien 2003, USA-Indien 2001 oder auch Luxemburg-Portugal 2006 nicht mithalten konnte. Zum einen gab es schlichtweg keine Fans
der Gastmannschaft, aber auch die ungarischen Zuschauer waren doch viel zu ruhig, um von wirklichem Daviscup-Feeling sprechen zu können.
Trotzdem war es wieder faszinierend, den Stolz und den Kampfgeist der Spieler beider Teams zu sehen, der durch den Daviscup
erzeugt wird. Letztendlich ist es eben genau das, was die Faszination des Wettbewerbs ausmacht: dass drei- oder viermal im Jahr Sportler, die ein ganzes Sportjahr nur als
Individualisten durch die Welt jetten, plötzlich ein Team werden und für ihr Land über sich hinaus wachsen - oder auch zu Verlierern und Versagern
werden. Allein deswegen ist jede Daviscup-Begegnung eine Reise wert, die spannende Kleinstadt Hodmezovasarhely tat ihr übriges zu einem gelungenen, wenn auch
stressreichen Wochenende. Ungarn zieht letztendlich hochverdient in die zweite Runde ein, mit stärkeren Nerven dürfte Ägypten aber keine Probleme
haben, die Klasse in den Playdowns zu halten.
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