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Samstag ist Doppeltag - für manche Tennisfans ein Greuel, für mich das Highlight des Wochenendes, nicht nur,
da oft die Führung am Samstag vorentscheidend für die ganze Begegnung sein kann. Mit Gilles Muller trat der
Luxemburger Tennisheld wieder an, an seiner Seite Mike Scheidweiler, zirka die Nummer 850 der Doppel-Weltrangliste. Die Portugiesen
vertrauten auf Gil/Tavares. Für beide Teams war die Marschroute klar: das Doppel musste nach dem Zwischenstand von 1:1 gewonnen werden -
sonst drohte am folgenden Tag die Niederlage. Gerade nach der bestechenden Vorstellung von Gilles Muller am Vortag
schien ein Sieg im Doppel für die Gäste Pflicht zu sein, sollte man sich Hoffnungen auf den Einzug in die nächste Runde machen. Mit einer
Niederlage im Doppel drohte den Portugiesen das Aus im dritten Einzel. Bei einem Sieg der Gäste und einem Sieg von Gilles Muller
im dritten Einzel (wovon nach dem Vortag wohl mehr als auszugehen war) drohte die Entscheidung im Spiel der beiden vermeidlich
schlechteren Einzelspieler im fünften Match. Für Spannung schien also mehr als gesorgt - was auch die Zuschauer honorierten:
Dieses Mal war das National Tennis Center in Esch nahezu ausverkauft. Auf dem Papier einen Favoriten auszumachen, war sicherlich schwer, zumal
beide Teams im Daviscup sicherlich mehr zu leisten vermochten, als ihre Platzierungen auszusagen vermögen.
Die Portugiesen schienen sich dieser Lage bewußt und begannen die Partie wie Götter. In den ersten vier Spielen gewährte
man den Luxemburgern gerade einmal zwei Punkte(beide bei Aufschlag Scheidweiler beim Stand 0-2), Gil und Tavares zeigten
schlichtweg perfektes Doppeltennis. Allerdings - das sei vorweg gesagt - konnten sie das Level weder halten noch jemals wieder erreichen. Nachdem sich
Gilles Muller im fünften Spiel den Frust von der Seele geschossen hatte und ohne Gegenpunkt seinen Aufschlag durchbrachte,
verlief das Match deutlich ausgeglichener. Je länger der erste Durchgang dauerte, desto besser wurden die Gastgeber und waren letztendlich den Portugiesen
gegen Ende des Satzes leicht überlegen. Allerdings war dort der Spielstand bereits 5:2 und Frederico Gil schlug zum
Satzgewinn auf. Drei starke Returns, 0:40, dreifacher Breakball! Hatte Luxemburg etwa noch eine Chance? Zumindest zimmerte Muller
eine wunderschöne Vorhand die Linie entlang und verwertete die erste Chance. Letztendlich waren zwei Breaks Rückstand, gerade im Doppel, zu viel: Zwei Spiele
später schlug Tavares auf und machte es besser: beim Stand von 40:30 verwandelten die Portugiesen den ersten Satzball.
Der zweite Satz begann so deutlich und unspektakulär, dass es schon wieder erwähnenswert war: erst im sechsten Spiel schaffte es überhaupt
ein Team, bei Aufschlag des Gegners einen Punkt zu erspielen (zuvor hatte es lediglich einen Doppelfehler gegeben). Frederico Gil begann zu wackeln, machte beim Stand von 40:15 einen Doppelfehler und gab den Luxemburgern
so die Gelegenheit, sich urplötzlich mit einem schönen Return den Einstand. Große Spieler machen große Punkte - mit diesem Motto hielt es Gilles Muller
auch an diesem Tage: zunächst lupfte er einen wunderschönen Lob über die rot-weiß gekleideten Südwesteuropäer, dann schlug eine Vorhand
genau ins Herz der Gastmannschaft - das Break war geschafft. Und um es kurz zu machen: mehr passierte in diesem Satz auch nicht mehr - beide
Doppel ließen dem Gegner bei eigenem Aufschlag keine Chance mehr. So wurde der zweite Satz auf brutale Weise ohne wirkliche Spannung
von den Luxemburgern irgendwie nach Hause geschaukelt, weder hochklassig noch spektakulär, aber verdammt sicher.
Hochklassiges Doppeltennis wurde auch zu Beginn des dritten Satzes eher selten geboten. Dafür wurde es deutlich spannender:
in den ersten beiden Spielen waren die Teams erstmal damit beschäftigt, ihr Aufschlagspiel irgendwie nach
Hause zu wackeln, bevor die altbekannte Souveränität einkehrte. Bis zum sechsten Spiel, in dem Mike Scheidweiler
beim Stand von 2-3 aus seiner Sicht aufschlug, gab es für die Returnierer wenig zu holen. Auch in diesem Spiel
schien alles nach Plan zu verlaufen, zwei sichere Punkte für das Großherzugtum, 30:0,. Doch die Portugiesen gaben nicht auf, holten drei Punkte
in Folge und damit den Breakball - den Scheidweiler ihnen mit einem Doppelfehler schenkte. Neuer Stand: 4-2 Portugal - und
nachdem Tavares bis auf einen Doppelfehler seinem Kapitän bei eigenem Aufschlag wenig Grund zur Besorgnis gab, schien der Satz
beim Stand von 5-2 schon vorentschieden. So manche Hoffnung im Zuschauerraum schien schon mächtig zu schwinden, als sich dann auch noch Gilles Muller
bei eigenem Aufschlag einem 0:30 und 30:40 entgegensah. Satzball Portugal - dazu noch danach Aufschlag der Gäste zum Satzgewinn, die meisten
einheimischen in der Halle oder vor dem Fernsehen schienen wohl schon mit dem Gedanken im vierten Satz zu sein. Allerdings galt dies
wahrscheinlich auch für die Portugiesen, denn was nun folgte, war die unwiderstehliche Muller-Scheidweiler-Show: den Satzball konnten die
Luxemburger abwehren und Mullers Aufschlagspiel für sich entscheiden. Gils Aufschlagspiel wurde geradezu überrannt und gleich bei 15:40 der erste Breakball genutzt und
Scheidweiler brachte sein Aufschlagspiel ohne Gegenpunkt durch. Neuer Spielstand: 5-5 - auf gut deutsch ging
den Portugiesen der Arsch nun kräftig auf Grundeis. Auch wenn er ganz gut in sein Aufschlagspiel startete, wirkte Tavares
nun total nervös. Beim Spielstand von 15:15 folgten zwei Doppelfehler. Auch dass die Portugiesen noch den Einstand
holen konnten, schien ihnen keine Sicherheit mehr zu geben - zumal sich ihre Gegner langsam aber sich in einen Rausch zu spielen drohten.
Eiskalt machten Muller und Scheidweiler weiter Druck und wurden mit den nächsten beiden Punkten - gleichbedeutend mit dem Break zum 6-5 - belohnt.
Gilles Muller ließ in Folge bei eigenem Aufschlag nichts mehr anbrennen. Zwar zeigten die Gastgeber eine sehr starke Schlußphase, trotzdem müssen sich die Portugiesen
natürlich den Vorwurf gefallen, mit zu wenig Gegenwehr eine 5:2-Führung aus der Hand gegeben zu haben.
Nach einem solchen Satz stand natürlich erst einmal die kollektive Toilettenpause an - der eine versucht, den Gegner aus der Ruhe zu bringen,
der andere nutzt die Gelegenheit oder will demonstrieren, dass einem solche Spielereien total egal sind. Einzig Frederico Gil blieb auf dem Platz zurück und konzentrierte
sich offenbar so gut auf sein folgendes Aufschlagspiel, dass er dieses problemlos durchbrachte. Die Partie nahm nun wieder deutlich an Fahrt auf,
Portugal versuchte sich noch einmal, gegen die drohende Niederlage zu stemmen. Doch Tavares musste bei eigenem Aufschlag zwei Breakbälle zulassen. In wichtigen
Situationen waren die Luxemburger an diesem Abend immer einen Tick besser, so auch hier: der zweite Breakball wurde verwandelt. Gleichzeitig
zeigten sie bei eigenem Aufschlag unglaubliche Stärke und gaben bis zum Matchende keinen Punkt mehr ab. Keinen Spielgewinn konnten
hingegen mehr die Portugiesen ergattern, sowohl Gil als auch Tavares verloren ihr Aufschlagspiel und sorgten so für einen
etwas ernüchternden Abschluss eines sehr gefälligen Daviscup-Tages.
Nach dem beeindruckenden Auftakt der Portugieser übernahmen die Hausherren die Kontrolle über das Match und holten damit verdient den so
wichtigen zweiten Matcherfolg. Mit dem Verlust des dritten Satzes war der Wille der Gäste gebrochen. Damit machten die Luxemburger mehr als nur einen Schritt in die zweite Runde, in der ein Auswärtsspiel in Italien warten würde.
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