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Die Sache war gegessen, Zeit für den Dead Rubber. Für die meisten Zuschauer war nunmal die Entscheidung in
der Begegnung gefallen und sie gingen nach Hause, so dass sich nur noch wenige Personen im CNT verirrten. Oft aber gibt es gerade in den
Dead Rubbern, die nur noch Freundschaftsspiel-Charakter haben, schöne Spiele, so dass der wahre Tennisfan sich auch die letzten Partien
nie entgehen lassen sollte.
Was mache ich Werbung für das 4. Einzel - das Match verlief zwar im ersten Satz gerade zum Ende hin recht spannend,
von hochklassigem Tennis konnte aber nicht die Rede sein, das wäre bei zwei Spielern mit vierstelligen Weltranglisten-Plätzen wohl auch
etwas optimistisch gewesen. Zunächst brachten beide Spieler ihren Aufschlag sicher durch. Im fünften Spiel brachte sich dann Nicau
mit zwei Doppelfehlern in Folge auf die Verliererstraße: den Zwischenstand von 15:40 nutzte der Daviscup-erfahrene Kremer sicher aus. Da er auch
im folgenden Aufschlagspiel wieder gut aussah und bis Nicau bis dahin auch nicht nur annähernd an einem Breakball schnuppern durfte,
erwarteten die Zuschauer an sich, dass Kremer den ersten Satz bei eigenem Aufschlag und 5-3-Führung nach Hause bringen würde. Doch - wie der Amerikaner
sagt - "it ain't over till the fat lady sings" und die Dame hatte ihr Liedlein eben noch nicht angestimmt. Kremer lag 0:40 zurück, Nicau
nutzte den dritten Breakball und war wieder im Spiel. Da in Folge erstmal nichts mehr passierte, befand man sich im Tie-Break, der nun einen wirklich bemerkenswerten
Spannungsbogen für die Zuschauer parat hatte: nachdem das Entscheidungsspiel mit vier Minibreaks (davon zwei Doppelfehler) doch extrem mäßig begann, nahm die Patie
wenigstens etwas an Fahrt auf. Keiner der Spieler konnte sich absetzen. So hatte Portugal bei 6:5 den ersten Satzball, allerdings gegen den gegnerischen Aufschlag, diese
Chancen wurden dann wechselseitig bis zum Stand von 8:8 nicht genutzt. Gilles Kremer war beim Aufschlag und entschied Satz und Tie-Break leider irgendwie
symptomatisch für diesen ersten Satz: mit einem Doppelfehler. Nicau hatte somit beim Stand von 9:8 aus seiner Sicht den ersten Satzball bei eigenem Aufschlag und
brachte den ersten Satz mit 10:8 im Tie-Break nach Hause.
Um es vorweg zu nehmen: der erste Satz war nun wirklich kein attraktives Tennis, aber wer Geduld und Sitzfleisch bewies, der wurde nun belohnt - die Partie wurde merklich besser,
ohne an Spannung zu verlieren. Nicau offerierte Kremer gleich im ersten Spiel eine doppelte Breakchance, die der Luxemburger
dankend nutzte. Doch beide Spieler kämpften jetzt mehr, das Spiel wurde deutlich attraktiver, ab und an konnte man sogar von ansehnlichen Ballwechseln sprechen.
Für seinen Kampfgeist wurde dann der Portugiese im vierten Spiel belohnt: Aufschlag Kremer, 15:40, der erste Breakball saß, 2-2. Die nächsten Spiele verliefen
recht klar für den Aufschläger, im achten Spiel hätte Nicau allerdings mehr als nur die Vorentscheidung erzwingen können: bei Kremers Aufschlag stand es 15:40 - mit der Verwandlung einer
der beiden Breakbälle wäre die Partie wohl schnell vorbei gewesen. Doch Kremer holte die nächsten acht Punkte und glich so nicht nur zum 4-4 aus, sondern holte gleich
noch das Break zum 5-4 bei eigenem Aufschlag. Dieses zehnte Spiel wirkte zwar etwas wackelig und ging auch über Einstand, letztendlich konnte
der bessere Kremer aber verdient mit dem zweiten Satzball den Entscheidungsdurchgang erzwingen.
Die ersten vier Spiele im vierten Satz verliefen für die Aufschläger sehr sicher. So war es umso erstaunlicher, dass sich Nicau
beim Stand von 2-2 0:40 zurücklag. Kremer nutzte diese Chance natürlich, wirkte aber bei seinem eigenen Aufschlag
nun unsicher: 15:40, zwei Breakbälle für Nicau - eine Situation, in der der Spieler der Gäste den Ausgleich hätte machen müssen.
Doch wie im zweiten Durchgang mogelte sich Kremer aus dieser brenzligen Situation. Es sollte Nicaus letzte Chance gewesen sein, doch noch
das Match wieder offen zu gestalten, denn Kremer gab sich in Folge bei eigenem Aufschlag keine Blöße mehr und brachte das Match sicher nach Hause. Dabei hatte er sogar beim Stand von 5-3 und Aufschlag
Portugal bereits drei Matchbälle, musste dann allerdings doch den eigenen Aufschlag bemühen, um mit 6:7 6:4 6:4 im spannensten Match
des Wochenendes den vierten Sieg für sein Land zu holen.
Mit dem Sieg von Gilles Kremer ging ein wunderbares Daviscup-Wochenende vorbei. Luxemburg zieht hochverdient in die zweite Runde zum Auswärtsspiel
gegen Italien ein. Die tolle Stimmung in der kleinen Halle und vieles mehr waren ein weiteres Mal eine tolle Werbung für
den großartigen Tennis-Mannschaftswettbewerb - eine Werbung, die ich leider in Deutschland immer wieder vermissen musste. Bis auf den belgischen Straßenräumdienst auf der Rückfahrt,
nach dessen Winterdienst die Straße mir nicht wesentlich schnee- und eisfreier vorkam als davor (jetzt weiß ich wenigstens, wie gut die
Kollegen aus Germany sind *grins*) kann ich nur von einem rundum gelungenen Wochenende sprechen, für dass ich mich insbesondere beim
luxemburgischen Tennisverband FLT bedanke - ich kann jedem nur empfehlen, auch mal bei einem Heimspiel von unserem
kleinen Nachbarland vorbeizugucken.
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