Finale: Schweden - Finnland 7:6 (3:1, 1:2, 2:3, 1:0)

Unihockey und der Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" haben offenbar viel gemeinsam: letztlich läuft es doch immer wieder auf die selben vier Mannschaften heraus, die sich um das Edelmetall streiten - und mit dem Finaltipp Schweden-Finnland hätte man bei Buchmachern sicherlich auch keine Reichtümer erspielt. Es war sicherlich interessant, ob Schweden ein weiteres Mal in diesem Turnier stolpern würde oder doch den Pott wieder ins Heimatland bringen würde - etwas anderes würden ihnen die Zuschauer sicherlich nicht verzeihen!
Sollte es also zu einem Unihockey-Fest kommen? Vor offiziellen 12500 Zuschauern in Globen Arena schien gleich zu Beginn alles danach auszusehen: Finnland war stark in der Defensive und ließ praktisch keine schwedischen Chancen zu. Die Key Player wie Niklas Jihde wurden sicher abgedeckt, die Finnen waren hingegen immer wieder durch eigene Angriffe gefährlich - und in drei Fällen zu Beginn des Spieles auch erfolgreich: Tero Tiitu war gleich zweimal erfolgreich, Mika Kohonen, der bei Tiitus Treffern in der 5. und 9. Minute auflegte, machte es in der 8. Minute per Penalty selber - was für ein gigantischer Start in das Spiel. Schweden schien zu wanken, war zumindest benommen. Der Sturmlauf der Finnen ging weiter, das 4:0 lag in der Luft, doch zunächst blieb es bei drei finnischen Toren. Erst gegen Ende des Drittels konnten sich die Gastgeber berappeln. Eine der ersten Chancen nutzte in einem Gewühl vor dem Tor von Henri Toivoniemi, der zuvor mehrfach glänzend parierte, Magnus Svensson. Trotzdem schienen die Finnen weiterhin sicher zu agieren - die Sensation lag in der Luft.
Zu Beginn des zweiten Drittels ließen die Finnen den absoluten Druck auf die Schweden vermissen. Sicherlich, sie spielten mit, sie hielten mit, aber sollte das genug sein? Die Antwort schien zunächst ganz klar "nein" zu lauten, denn in der 32. Minute stand es 3:3 - zunächst hatte Conny Vesterlund den Anschlusstreffer erzielt (29.), dann war Peter Fischerström freistehend aus 15 Metern nach einem Traumpass von Henrik Quist zum Schuss gekommen und Toivoniemi keine Chance gelassen. Das Spiel drohte zu kippen, aber Mika Kohonen sorgte für erneute Begeisterung bei den finnischen Zuschauern: Tiitu spielte ihn in der 35. Minute mustergültig frei, Mika Kohonen ließ Gunnar Dommeij aus zentraler Position keine Chance - 4:3 Finnland. Mit diesem Stand ging es in die Pause.
Von den folgenden Ereignissen wird es keine Fotos geben - am Ende der WM habe ich es mir einfach einmal gegönnt, Unihockey zu genießen. Und auch wenn bei dieser WM manches nicht zu meinem Gefallen verlief, jetzt gab es Dramatik vom Feinsten: bereits nach 46 Sekunden im dritten Drittel hatten die Schweden den Torschrei auf den Lippen, aber Niklas Jihde fälschte den Ball mit dem Körper ab, der Treffer wurde wohl korrekterweise nicht anerkannt. Das Glück schien mit den Finnen, und da in der 45. Minute Hintikka zum 5:3 traf, schien der erste Schritt auf der Siegerstraße zumindest greifbar nahe. Nur fünfzig Sekunden später folgte die Antwort vom Großmeister auf der anderen Seite: Niklas Jihde stand sträflich frei und konnte per Drehschuss wieder den Anschlusstreffer erzielen. Die Dramatik war kaum mehr zu Bremsen, als Hellgard in der 48. Minute nur die Latte traf. Doch dann folgte der Ausgleich: Olofsson erhielt einen Pass von Daniel Calebsson, sein Schuss wurde unhaltbar abgefälscht zum 5:5. Die Partie war wieder völlig offen, der Globen wurde endlich zu dem Hexenkessel, den man das ganze Wochenende vermisst hatte. In der 56. Minute waren dann die Schweden wieder in Führung: Konter über Jihde, dieser konnte nur mit einem Foul von Mika Kavekari gestoppt werden - Penalty. Calebsson, der im Deutschland-Spiel gegen Patrick Schmidt versagt hatte, trat an - und traf. Allerdings gab es durchaus Zweifel daran, ob der Ball vor dem Schuss nicht zurückgezogen wurde.
Doch auch dieser Vorteil dauerte nur extrem kurz, Lassi Vänttinen glich nach einem Freischlag von Peik Salminen nur eine gute Minute später zum 6:6 aus.
Da kein weiteres Tor fiel, musste die Overtime entscheiden. Beide Teams hatten Gelegenheiten, den Sudden Death zu erzielen, aber noch hielten beide Abwehrreihen. Die Nerven von Salminen hielten aber nicht, für eine völlig unnötige Rangelei mit Henrik Quist musste er für zwei Minuten auf die Bank. Solche Chancen lässt sich Schweden einfach nicht entgehen - und auch wenn das Box-Play der Finnen zunächst einen soliden Eindruck machte, irgendwann war die Lücke da. Calebsson spielte Svensson im Slot an, dieser kam frei zum Schuss und nach einer Spielzeit von 67:54 Minuten war das Spiel vorbei.
Schweden wird knapp Weltmeister - wohl verdient, aber dem Sport nicht zuträglich. Finnland muss sich Kritik gefallen lassen, diese Chance nicht genutzt zu haben - denn so nah war noch kein anderes Team daran, den großen Schweden ein Bein zu stellen. Es bleibt abzuwarten, ob es Finnland oder der Schweiz in zwei Jahren in Prag gelingt, dem Serienweltmeister den Pokal zu entreissen.


Ein Finale ist auch immer eine Gelegenheit, einen Schlussstrich zu setzen und ein Fazit zu ziehen. Ehrlich gesagt, ich werde aus dieser WM auch nach diesem grandiosen Finale nicht so viele positive Eindrücke mitnehmen wie beim WFC 2002 in Helsinki oder 2004 in der Schweiz. Die Leute waren sehr freundlich, die Helfer bemüht. Im unteren Teil der A-Gruppe wie in der B-Gruppe rücken die Teams immer weiter zusammen, leider scheint sich an der Spitze doch wieder eine größere Lücke zu ergeben. Letztlich war es aber eine Weltmeisterschaft ohne besonderen Flair. Unihockey als Nationalsport Nummer 2 konnte in Stockholm keine Massen begeistern, auch in der Vorrunde erreichten die Zuschauerzahl bei weitem nicht die Hallen-Kapazitäten. Viele Dinge, davon auch einiges, was nicht wirklich für die breite Öffentlichkeit sichtbar ist, verliefen sehr unbefriedigend. Der Spielplan mit vier Hallen tat sein übriges dazu, gerade im Großraum Stockholm mit der weit abgelegenen Halle Botkyrka drohten die Spiele der B-Gruppe praktisch unter Ausschluss der Öffentlich gespielt zu werden. Geld hin oder her - hier sollte die IFF eher im Sinne des jungen Sports entscheiden, der doch so dringend gerade in den kleinen Ländern noch eine gewisse Aufmerksamkeit benötigt. Tschechien hat 2008 die Chance, vieles besser zu machen - ich freu mich schon heute darauf!